- Qualifikation
- 1. Begriff: Individuelles Arbeitsvermögen, d.h. die Gesamtheit der subjektiv-individuellen Fähigkeiten, Kenntnisse und Verhaltensmuster, die es dem einzelnen erlauben, die Anforderungen in bestimmten Arbeitsfunktionen auf Dauer zu erfüllen (Baethge). Umfasst funktionale, politisch-ökonomische und soziale Dimension von Arbeit.- 2. Bedeutung in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik: Schlüsselbegriff im Zusammenhang mit der Begründung und Rechtfertigung von Lernzielen und -inhalten (⇡ Curriculum). Curriculumelemente sind im Hinblick auf den Erwerb von Q. zur Bewältigung gegenwärtiger und zukünftiger Lebenssituationen auszuwählen und zu gewichten (S.B. Robinsohn). Der Qualifikationsbegriff hat den klassischen Bildungsbegriff (⇡ Berufsbildung) als Rechtfertigungshintergrund für Lehrplan- bzw. Curriculumentscheidungen verdrängt oder zumindest ergänzt (⇡ wirtschaftsberufliche Curriculumentwicklung). Die Berufs- und Qualifikationsforschung gilt entsprechend als wesentliche Bezugswissenschaft wirtschafts- und berufspädagogischer Curriculumforschung.- 3. Kritik (aus erziehungswissenschaftlich-curricularer Perspektive): (1) Ausblendung privater und politisch-gesellschaftlicher Handlungsfelder; (2) Schwierigkeit der Antizipation zukünftiger Qualifikationsanforderungen; (3) tautologischer Charakter herkömmlicher Qualifikationsbeschreibungen, d.h. die Praxis der bloßen Umformulierung sprachlich zu isolierender Tätigkeitselemente in Dispositionsbegriffe. Neuere kognitions- und handlungstheoretische Ansätze fordern deshalb die Realanalyse kognitiver Regulationsleistungen im Zuge des Arbeitshandelns und, darauf bezogen, der strukturellen kognitiven Grundlagen, die diese Regulationsleistungen ermöglichen. Derzeit erlebt einerseits der Bildungs- gegenüber dem Qualifikationsbegriff eine Renaissance, andererseits ist der Qualifikationsbegriff durch die Einführung der ⇡ Schlüsselqualifikationen erweitert worden.
Lexikon der Economics. 2013.